Biografie

Daniel Kehlmann (* 13. Januar 1975 in München) ist ein deutschsprachiger Schriftsteller. Er lebt in Wien und Berlin.

Leben

Daniel Kehlmann wurde als Sohn des Regisseurs Michael Kehlmann und der Schauspielerin Dagmar Mettler geboren. Sein Großvater war der expressionistische Schriftsteller Eduard Kehlmann. Die Familie zog 1981 nach Wien, wo Kehlmann nach Schulabschluss am Kollegium Kalksburg Philosophie und Literaturwissenschaft studierte. Seinen internationalen Durchbruch als Schriftsteller schaffte er 2003 mit seinem vierten Roman Ich und Kaminski. Er schreibt Rezensionen und Essays für verschiedene Zeitungen, unter ihnen die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Rundschau, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Volltext und Literaturen.

2001 war Kehlmann Gastdozent für Poetik an der Universität Mainz; im Wintersemester 2005/06 hatte er die Poetikdozentur der FH Wiesbaden, und im Wintersemester 2006/07 die Poetikdozentur der Universität Göttingen inne. Daniel Kehlmann ist Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Werk

Daniel Kehlmann beschreibt sein erzählerisches Selbstverständnis wie folgt: „Ein Erzähler operiert mit Wirklichkeiten. Aus dem Wunsch heraus, die vorhandene nach seinen Vorstellungen zu korrigieren, erfindet er eine zweite, private …“ – „Erzählen, das bedeutet einen Bogen spannen, wo zunächst keiner ist, den Entwicklungen Struktur und Folgerichtigkeit gerade dort verleihen, wo die Wirklichkeit nichts davon bietet.“ (aus: Wo ist Carlos Montúfar?)

Kehlmanns Literatur ist nicht autobiographisch orientiert. Er erfindet seine Protagonisten und ihre Geschichten und versetzt sich und den Leser - in einer Art Experiment - in ihre Perspektive. Seine Helden sind in der Regel auf die eine oder andere Art extreme Figuren: extrem oberflächlich und eitel wie in Ich und Kaminski oder extrem begabt und abgehoben wie in Mahlers Zeit. Als Leser kann man sich selten völlig mit ihnen identifizieren. Die Spannung entsteht nicht zuletzt aus der Frage, ob und wie diese extremen Charaktere scheitern.

Kehlmanns Helden leben in einer Realität, die uns bekannt vorkommt und stoßen gleichzeitig an die Grenzen dieser Realität: In Beerholms Vorstellung glaubt ein Bühnenmagier plötzlich, wirklich zaubern zu können, in Mahlers Zeit glaubt ein junger Wissenschaftler eine Formel gefunden zu haben, mit deren Hilfe er die Zeit aufheben kann.

In dem Roman Ich und Kaminski wittert der Protagonist, ein oberflächlicher Karrierist, im nahen Tod des gerade noch bekannten Malers Kaminski die Chance, sich durch das Schreiben von dessen Biographie im Kunstbetrieb zu etablieren. In der Konfrontation mit dem abgeklärten Künstler erkennt er schließlich, wie wenig sein bisheriges Leben wert war.

Die Vermessung der Welt ist Kehlmanns bisher ambitioniertester und auch erfolgreichster Roman. Auf einer Liste der international bestverkauften Bücher des Vorjahres, die die New York Times am 15. April 2007 veröffentlichte, kam der Roman auf Platz zwei. Thomas Glavinic, der als enger Freund Kehlmanns gilt, behandelt in seinem Roman Das bin doch ich die Entwicklung der Zahl der verkauften Exemplare des Romans Die Vermessung der Welt nach Art eines running gags, indem er sie mit seinem eigenen relativen Misserfolg im Jahr 2006 kontrastiert. Die Vermessung der Welt erzählt die um zahlreiche Erfindungen angereicherten Lebensgeschichten der beiden Forscher Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß – ein Roman über die Entstehung der modernen Wissenschaft, über die Deutsche Klassik. Das Buch ist größtenteils in indirekter Rede geschrieben, wodurch eine Vielzahl komischer, ja burlesker Effekte entstehen. Mathematikhistoriker kritisieren die Darstellung der Protagonisten und ihrer Zeit in diesem Werk allerdings teilweise heftig.

Seine durchaus experimentell orientierte Poetik beim Schreiben eines historischen Romans erläutert Kehlmann in dem seiner Essaysammlung titelgebend vorangestellten Text Wo ist Carlos Montúfar?

Auszeichnungen

* 1998 Förderpreis des Kulturkreises beim Bundesverband der Deutschen Industrie
* 2000 Stipendium des Literarischen Colloquiums in Berlin
* 2003 Förderpreis des Österreichischen Bundeskanzleramtes
* 2005 Candide Preis des Literarischen Vereins Minden
* 2005 Finalist für den Deutschen Buchpreis: Die Vermessung der Welt
* 2006 Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung; Heimito-von-Doderer-Preis; Kleist-Preis
* 2007 WELT-Literaturpreis; Grand Prix du Livre des dirigeants für Les Arpenteurs du Monde
* 2008 Per-Olov-Enquist-Preis; Thomas-Mann-Preis

Werke

* Beerholms Vorstellung. Roman. Deuticke, Wien 1997. ISBN 3-216-30290-3
* Unter der Sonne. Erzählungen. Deuticke, Wien 1998. ISBN 3-216-30363-2
* Mahlers Zeit. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999. ISBN 3-518-41078-4
* Der fernste Ort. Novelle. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001. ISBN 3-518-41265-5
* Ich und Kaminski. Roman. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003. ISBN 3-518-41395-3
* Die Vermessung der Welt. Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005. ISBN 3-498-03528-2 (Hörbuch: ISBN 978-3-82911540-7)
* Wo ist Carlos Montúfar? Essays. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005. ISBN 3-499-24139-0
* Diese sehr ernsten Scherze. Göttinger Poetikvorlesungen. Wallstein Verlag, Göttingen 2007. ISBN 3835301454
* Requiem für einen Hund. Ein Gespräch (mit Sebastian Kleinschmidt). Matthes & Seitz, Berlin 2008. ISBN 978-3-88221-735-3
* Ruhm. Roman in neun Geschichten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg. Erscheint im Januar 2009.

Literatur

* Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Daniel Kehlmann, text + kritik, Heft 177 (Januar 2008)
* Roland Z. Bulirsch: Weltfahrt als Dichtung. In: Sinn und Form 6/2006. Berlin: Aufbau 2006, S. 846-852
* Anna Echterhölter: Schöner Berichten. Alexander von Humboldt, Hubert Fichte und Daniel Kehlmann in Venezuela. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
* Alexander Honold: Ankunft in der Weltliteratur. Abenteuerliche Geschichtsreisen mit Ilija Trojanow und Daniel Kehlmann. In: Neue Rundschau Nr. 1, 2007. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 82-104.
* Gunther Nickel (Hrsg.): Daniel Kehlmanns 'Die Vermessung der Welt'. Materialien, Dokumente, Interpretationen. Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbek 2008
* Philip Oltermann: Irony and Genius. In: Prospect Nr. 3, 2007. London 2007, S. 77-79.
* Adam Soboczynski: Hilfe, ich werde porträtiert. In: ZEIT Magazin, Nr. 43, 16.10.2008, S. 23-33.

Im Wiener Salon5 erfolgte im September 2008 die weltweit erste Aufführung eines seiner Texte: Ich und Kaminski, eine Inszenierung von Anna Maria Krassnigg. Im selben Monat brachte das Staatstheater Braunschweig Dirk Englers Bearbeitung von Die Vermessung der Welt heraus.

Trivia

In Kehlmanns Kolumne science@fiction, die im Wissenschaftsmagazin heureka! der Wiener Wochenzeitung Falter erscheint, äußert sich der Schriftsteller auch zur Wikipedia: Kehlmann bezeichnet darin den Artikel über ihn als in Details fehlerhaft und als Hauptquelle vieler über ihn schreibender Journalisten. Die ebendort zu lesende Behauptung, er habe in einen Artikel zum Thema Reggaemusik schon einmal spaßhalber falsche Details eingefügt, hat er mittlerweile am selben Ort widerrufen.

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